Stories
36 Stunden New York



14.Oktober.2005

5 Meilen...4 Meilen...3 Meilen...mit einem lauten Rums setzt die Boing 747 von British Airways auf dem John.F. Kennedy Airport in New York auf und ich sitze ob der schaukeligen Landung schweißgebadet in meinem Sitz. Draußen ist es grau und naß. Willkommen in New York!

Die Einreise verläuft schnell und problemlos und wegen des schlechten Wetters beschließe ich, mit dem Expressbus nach Manhattan zu fahren, um wenigstens noch etwas von der Stadt zu sehen. Seit acht Tagen regnet es ununterbrochen in New York und der Wetterbericht spricht vom nassesten Oktober seit Beginn der Wetteraufzeichnungen...na toll, was tue ich hier eigentlich? Vor zwei Wochen war von alldem noch nicht die Rede. Erst eine kurzfristig geänderte Dienstreise bot mir die Möglichkeit, einen kurzen Zwischenstopp im Big Apple einzulegen und hier bin ich nun. Nach mehreren Umstiegen erreiche ich irgendwann klitschnass das von mir gebuchte Hyatt Hotel in Jersey City. Einen tollen Blick auf die Skyline soll es bieten doch heute ist nicht einmal zu ahnen, daß da hinten irgendwo Manhattan liegt. Müde, hungrig und naß wie eine Katze checke ich neben vielen Schlipsträgern in diesem noblen Hotel ein. Das Zimmer ist toll, riesig und von meinem Bett aus habe ich den Blick auf das Empire State Building. Zum Schlafen viel zu schade.

Nachdem ich mich wieder in einem vorzeigbaren Zustand befinde, gibt es beim nahegelegenen Subway erstmal ein Sandwich. Ein Blick aus dem Fenster zeigt mir plötzlich die Skyline. Es ist also aufgeklart und regnet nur noch ganz leicht. Schnell bereite ich meine Kamera vor und drehe eine erste Fotorunde. Die tiefhängenden Wolken reflektieren das Licht der Wolkenkratzer und das ganze wirkt ziemlich unreal. Hinter mir laufen ein paar Ratten aber sonst ist niemand in der Nähe. Wegen der vielen abschreckenden Berichte in den Medien fühle ich mich etwas unsicher. Nach vielen schönen Fotos krieche ich dann müde ins Bett. Noch ein letzter Blick auf die Skyline...Gute Nacht Manhattan, morgen komme ich!


15.Oktober 2005

Vor Sonnenaufgang ist meine Nacht zu Ende, der Jetlag ist Schuld. Ein Blick nach draußen: Es ist trocken. Und so schnappe ich meine Fotosachen und drehe eine Runde ums Hotel. Leider ist es noch sehr bewölkt, so daß sich fast kein Farbenspiel am Himmel zeigt. Gegen 8:00 Uhr geht es dann endlich los. Mit dem PATH hinüber nach Manhattan und mit der Subway nach Brooklyn. Etwas unheimlich ist es ja schon, durch die U-Bahn-Stationen an eine Samstagmorgen zu wandern, denn außer ein paar einzelnen Typen ist noch niemand unterwegs. Aber ohne Zwischenfälle erreiche ich mein erstes Ziel, die Brooklyn Bridge. Langsam schlendere ich nun über die Brücke in Richtung Manhattan, sehe Radfahrer, Jogger und andere Touristen. Leider ist es immer noch sehr kühl und grau aber wenigstens trocken und damit bin ich nach dem gestrigen Tag schon mehr als zufrieden. Nach der Brooklyn Bridge geht es weiter zum South Street Seaport mit ein paar alten Segelschiffen. Hier gibt es erstmal einen großen Cappuccino, der erstaunlich lecker schmeckt. Ich lasse die Skyline der Wolkenkratzer und die ganze Atmosphäre auf mich wirken. Nun bin ich wirklich angekommen in New York.

Langsam bummele ich weiter in Richtung Wall Street, Stock Exchange und Broadway. Inzwischen ist der Himmel blau und die Sonne scheint angenehm warm. Deswegen schiebe ich kurzentschlossen eine Fährfahrt nach Staten Island ein, um der Freiheitsstatue etwas näher zu kommen und vielleicht meine Füße etwas ausruhen zu können. Nun, das Erstere klappt gut aber leider nur, wenn man sich einen der begehrten Stehplätze am Bug oder Heck der Fähre sichert. Also wird aus der Pause nichts aber der Blick auf Manhattan und die Statue of Liberty ist toll. Dabei werde ich von der Sonne gebrutzelt und leicht gerötet erreiche ich eine Stunde später wieder Manhattan. Von hier aus nehme ich die Subway zum Times Square und fühle mich schon wie zu Hause hier in dieser Stadt. Zu Fuß geht es weiter zum Rockefeller Center und nach einem kleinen Imbiß komme ich zum nächsten Punkt meines Besichtigungsplans...dem Empire State Building. Das Wetter ist toll und verspricht eine gute Sicht. Wie erwartet bin ich nicht die Einzige, die dieses Ziel hat und so schiebe ich mich in Schlangenlinien durch mindestens fünf Warteräume bevor ich nach zwei Stunden endlich den Fahrstuhl erreiche. Nun geht es also aufwärts. Der Fahrstuhl hält im 80. Stockwerk und bevor ich mich darüber wundern kann geht die Tür auf und vor mir...öffnet sich der Blick auf die nächste Menschenschlange :-(

Zum Glück muß ich hier nicht lange warten, denn einer der Security-Leute öffnet die Tür zum Treppenhaus und bietet den Wartenden an, die letzten sechs Stockwerke zu Fuß zurückzulegen. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und ein paar Minuten später erreiche ich endlich die Plattform im 86. Stockwerk. Voll ist es hier und leider hat sich die Sonne während meiner Ansteherei auch verabschiedet aber trotzdem ist der Blick beeindruckend. Bis zum Sonnenuntergang sind es noch zwei Stunden aber das macht nichts, denn langweilig wird es hier nicht. Nach einer Stunde kommt dann die Sonne doch noch wieder hervor und bietet ein traumhaftes Licht auf das Häusermeer unter mir. Die Luft ist sehr klar und ich kann mühelos die Flughäfen JFK und La Guardia erkennen. Ein schöner Sonnenuntergang und die blaue Stunde danach mit den Lichtern des Big Apple lassen den Auslöser meiner Kamera glühen. Auch ohne Stativ gelingen gute Aufnahmen mit Hilfe des Absperrgitters als Stütze. Doch irgendwann heißt es auch hier, einen letzten Blick zu genießen und dann den Weg nach unten anzutreten. Mit dem PATH gelange ich zurück zum Hotel und fühle mich mindestens fünf Zentimeter kleiner als heute Morgen...soweit habe ich mir die Beine in den Bauch gestanden und gelaufen. Vor dem Hotel wartet dann aber doch noch ein besonderer Anblick auf mich. Über der Skyline von Manhattan ist der Vollmond aufgegangen und setzt diesem bisher schon unglaublichen Tag die Krone auf.
Doch dann ist Schluß für mich und geschafft falle ich ins Bett. Wieder ein letzter Blick aus dem Fenster auf die Spitze des ESB, wo ich noch vor zwei Stunden stand. New York! Wahnsinn!


16.Oktober 2005

Wieder brauche ich keinen Wecker und falle rechtzeitig genug aus dem Bett, um das Farbenspiel des Morgenhimmels vor der Skyline zu fotografieren und zu genießen. Schön aber leider muß ich heute schon wieder die Tasche packen. Mein Wochenende hier in New York ist fast vorbei. Mit Gepäck schiebe ich mich zwei Stunden später durch die Subway als hätte ich nie im Leben etwas anderes gemacht. Pünktlich um 10:00 Uhr öffnet B&H, einer der größten und bestsortierten Fotoläden in der Stadt. Hier wird das Einkaufen zum Erlebnis. Mit zwei großen Tüten und Häkchen hinter allen Punkten auf meiner Shoppingliste mache ich mich dann auf den Weg nach JFK. Ein sechsstündiger Flug nach Los Angeles liegt vor mir, den ich aber größtenteils verschlafen werde, denn New York in 36 Stunden zu erleben ist anstrengend.

Irgendwo habe ich einmal gelesen, daß einem New York niemals gleichgültig ist, entweder man liebt es oder man haßt es...

...ich glaube, ich habe mich in den letzten Tagen ein wenig verliebt...


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